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06. Dez. 2019 |
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Zugegeben, viele unserer Kunden arbeiten sehr agil. Dennoch kommt es ab und an vor, dass wir gefragt werden: “Was ist eigentlich genau agiles Management und wann ist es sinnvoll?”. Auf diese Frage ist es natürlich schwierig, eine kurze, knappe Antwort zu geben, und selbst wenn dies gelingt, dann kennt der/die Fragende vielleicht die Theorie, aber noch lange nicht die Praxis. Deshalb spielen wir gern ein Spiel, um “Agiles Management” erlebbar zu machen:
Wie der Name schon vermuten lässt, basiert die Schneeflocken-Challenge auf der Easter Egg Challenge. Ein tolles Spiel, um zu erleben, wie sich klassisches und agiles Projektmanagement unterscheiden. Allerdings würden wir zu dieser Jahreszeit sicherlich nicht besonders ernst genommen werden, wenn wir Teilnehmer in einem Workshop bitten würden, Ostereier auszumalen - kurz vorm ersten Advent.
Die Schneeflocken-Challenge stellt in vielerlei Hinsicht dar, wie Teams unter verschiedenen Projektmanagement-Ansätzen gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten und wie sich Teamarbeit auf die Produktivität auswirkt. Sie zeigt auch, wie vermeintlich kleine Aufgaben schwierig und hektisch werden können, wenn die Einstellung der Teilnehmer nicht stimmt.
Ziel des Spiels: eine große, schöne Schneeflocke basteln (gern schöner als diese hier ;) )
In der Schneeflocken-Challenge geht es darum, in einem Team gemeinsam eine möglichst große und schöne Schneeflocke aus mehreren kleinen Schneeflocken zu basteln.
Gespielt wird in zwei Runden: In einer Runde verfolgt das Team einen klassischen Ansatz und in der zweiten Runde einen agilen Ansatz. Welche Runde zuerst gespielt wird, ist euch überlassen. Für beide Varianten gibt es gewisse Vor- und Nachteile. Eine Alternative ist es auch, zwei Teams mit unterschiedlichen Ansätzen gegeneinander antreten zu lassen.
Für das Spiel braucht man pro Gruppe: * etwa 6 Spieler * einen Stapel Papier (Din A4) * zwei Scheren * Klebstoff
Bevor es los geht, sollte jeder Teilnehmer verstanden haben, was mit einer Schneeflocke gemeint ist, und wie diese gebastelt wird. Glücklicherweise haben viele solche Schneeflocken schon im Kindergarten und in der Grundschulzeit gebastelt und können sich schnell an die Vorgehensweise zurückerinnern.
Schneeflocken falten - die Basics
Was wäre eine Produktentwicklung ohne Requirements? Natürlich gibt es auch bei unserer Schneeflocken-Challenge die ein oder andere Anforderung, die bedacht werden will. Und - Spoiler - vielleicht kommen ja im Laufe der Zeit noch welche hinzu?
Die Anforderungen sind eigentlich recht einfach:
Diese vier Anforderungen bleiben für beide Runden bestehen - egal ob ihr klassich oder agil arbeitet.
Ihr habt es bestimmt schon bemerkt: Drei Leute sollen an der Schneeflocke schneiden, allerdings gibt es nur 2 Scheren. Tja, mit Ressourcen-Knappheit muss man manchmal leben - macht das Spiel aber auch interessanter.
In der klassischen Runde hat das Team 12 Minuten Zeit, eine möglichst große und schöne Schneeflocke zu basteln. Diese 12 Minuten gliedern sich in
Für die klassische Runde gilt: Es gibt verschiedene Projektrollen, die während der Laufzeit nicht gewechselt werden dürfen.
Die Projektrollen:
Am besten lasst ihr das Team vor Spielbeginn selbst festlegen, wer der Projektleitende ist. Auch bei normalen Projekten, ist dies ja vor der ersten Planung bereits bekannt.
Die Rolle des Projektleitenden ist eine zentrale Rolle im Spiel: Er/Sie teilt den weiteren Teammitgliedern die Rollen im Projekt zu und alle Spielteilnehmer handeln auf seine Anweisung. Der/Die ProjektmanagerIn hat in der Planungsphase die Möglichkeit dem Team den Projektprozess zu erklären und ggf. Rückfragen zu klären. Ziel ist es, dass alle Spieler wissen, was sie wann zu tun haben. Geht’s an einer Stelle mal nicht weiter im Spielfluss, wird der Projektmanager um eine Entscheidung gebeten. Ist eine Rolle einem Teilnehmer nicht ganz klar, wird der Projektleiter gefragt etc.
In der agilen Runde geht das Team in drei Iterationen vor. Auch hier hat das Team 12 Minuten Zeit, das Ziel zu erreichen. Pro Iteration teilt sich die Zeit wie folgt ein:
Zwischen den Iterationen findet, wie auch im normalen Leben, keine Pause bzw. “Urlaub” statt.
In der agilen Runde gibt es keine spezifische Rollenverteilung, es gibt also weder einen Projektmanager, noch eine strikte Rollenverteilung. Jeder darf im Prinzip machen, was er möchte. Allerdings bleiben die Requirements (siehe oben) natürlich erhalten.
Für die agile Runde gibt es sogar noch ein zusätzliches Requirement: Nach jeder Iteration muss ein Release stattfinden, d.h. nach jeder Iteration müssen mindestens zwei Schneeflocken aneinander geklebt vorzeigbar sein.
Ihr habt es wahrscheinlich schon geahnt. Was wäre Produktentwicklung, wenn sich in den Umgebungsfaktoren nicht Änderungen ergeben, die zu neuen bzw. geänderten Anforderungen führen?
Nach der Hälfte der Zeit, also nach 6 Minuten, wird eine Anforderungsänderung bekanntgegeben. In der klassischen Runde ist zu dieser Zeit das Team mitten in der Durchführungsphase, die Planungsphase ist bereits beendet. In der agilen Runde ist das Team bereits mitten in Sprint 2.
Was die Anforderungsänderung genau ist, ist euch überlassen, einige Ideen:
Anforderungsänderung nach der Hälfte der Zeit, z.B. "runde Schneeflocken"
Nach jeder Runde stellt das Team bzw. der Projektleiter die Ergebnisse vor. Warum sieht die Schneeflocke so aus, wie sie aussieht? Wie groß ist sie? Wie qualitativ hochwertig ist sie?
Lasst die Teams am besten ihre Sales-Argumente vortragen.
Wie bei jeder Workshop-Methode sollte natürlich auch die Schneeflocken-Challenge im Nachgang mit den Teilnehmern besprochen werden:
Wir haben die Schneeflocken-Challenge nun einige Male gespielt und in allen Runden hat sich gezeigt, dass mit der agilen Methode mehr kleine Schneeflocken produziert werden können. Klar - hier gibt es ja auch keinen Ressourcen-Engpass schon zu Beginn beim Falten.
Hinsichtlich der Qualität hängt es - unseren Erfahrungen nach - sehr stark vom Team und von der Priorisierung des Ziels “Qualität” ab. Fakt ist, dass sowohl Qualität als auch Quantität in der Zieldefinition genannt werden. Aber hat eins dieser Ziele für den Projektmanager bzw. das Team Vorrang? Die Qualität führt zu einer guten Diskussionsgrundlage für die Zeit nach dem Spiel.
Auch hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer in der klassischen Runde die Schwierigkeiten (Ressourcen-Engpass, keine Prozessänderung möglich etc.) sehr klar benennen können. Bei der agilen Runde werden als Schwierigkeiten häufiger Eigenschaften von Teammitgliedern genannt (Spezialisten im Runde-Ecken-Falten, Überforderung mit Multitasking etc.).
Gleichwohl wird auch immer wieder genannt, dass die Erwartung an die agile Runde mit sehr viel Chaos verbunden war, dies sich aber doch nicht bewahrheitet hat. Als Vorteil in der agilen Runde wird auch immer wieder genannt, dass das Team mit der Anforderungsänderung besser zurecht kommt (es kann den Prozess ja auf die Anforderungsänderung leicht anpassen und in der schnell folgenden Retro bzw. Planungsphase besprechen) und sich für weitere potenziell folgende Anforderunsanpassungen besser gewappnet fühlt.
Generell ist das Spiel natürlich ein plakatives Beispiel für beide Prozessarten und auf die Realität natürlich nicht 1 zu 1 übertragbar. Damit beide Methoden vergleichbar werden, muss der ein oder andere Kompromiss gefunden werden, so ist z.B. bei beiden Runden das Ziel klar, aber kein genauer Scope definiert (Projektplan ohne genau definierten Scope hinsichtlich Qualität und Quantität? Schwierig…). Abgesehen davon zeigt das Spiel aber in kurzer Zeit große Wirkung und die Teilnehmer haben nicht nur schon mal was über agile Methoden gehört, sondern durch die Schneeflocken-Challenge auch eine Vorstellung davon, wie sich Agilität anfühlt.
Probiert es gern aus, wir freuen uns auf eure Erfahrungen!